Nächster Halt: Maroni-Lok

Die Nasenspitzen gerötet von der kalten Winterluft, die Hände tief vergraben in der Manteltasche und mit erwartungsvollem Leuchten in den Augen umringt eine kleine Menschentraube eine schwarze Lokomotive mitten in Rankweil. Das kann nur eines bedeuten: Es ist endlich wieder Maroni-Zeit.

Seit Jahrzehnten ist „Michi’s Maroni-Lok“ zwischen der Post und dem Rathaus ein gerne besuchtes Ziel nach einem Einkaufsbummel oder Spaziergang durch Rankweil. Bis Anfang Februar sorgen hier wieder jeden Samstag- und Sonntagnachmittag ofenfrische Maroni für Hände und Seele wärmende Genussmomente.

Handwerk mit Feingefühl

Michi, das ist Michael Hehle. Seine Familie betreibt seit über 50 Jahren Maroni-Lokomotiven in Vorarlberg. „Die ersten unserer Loks hatten eine Einschneidemaschine eingebaut”, erinnert er sich. An sich eine gute Idee, denn das Einschneiden der Schale ist für ein gelungenes Ergebnis besonders wichtig. Doch funktioniert hat das leider nicht. „Maroni sollten über die Wölbung eingeschnitten werden”, sagt der Genuss-Experte, „aber nicht zu tief, sonst trocknet die Frucht aus.” Da ist Fingerspitzengefühl gefragt, deshalb werden die Maroni nur noch von Hand eingeschnitten – circa 100 Kilogramm oder rund 8000 Stück sind es jede Woche alleine für die Maroni-Lok in Rankweil. Doch auch die Ernte erfordert bereits viel Handarbeit. Wenn die Maroni aufgesammelt werden, stecken sie – ähnlich wie die nicht essbare Rosskastanie – in einer stacheligen Hülle, die entfernt werden muss. Anschließend werden sie händisch verlesen. Dabei werden die Maroni auf Unversehrtheit geprüft und nach Größe und Qualität sortiert. Erst dann werden sie verpackt und treten ihre Reise nach Vorarlberg an.

Qualität hat ihren Preis

Über die letzten Jahrzehnte hat Familie Hehle viel Erfahrung gesammelt, wo die besten Maroni wachsen. Das sei vorwiegend an der italienischen Riviera bis nach Frankreich, in Südtirol und hinunter bis nach Kroatien. Seit der letzten Saison gibt es aus Michi’s Maroni-Lok für wenige Wochen im Jahr auch Maroni vom deutschen Bodenseeufer. Da wie dort sei das Geheimnis guter Maroni die Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Bäuer*innen: „Gute Qualität hat ihren Preis”, sagt Michael Hehle. Den zahle er aber gerne, wenn er dafür seinen Kund*innen ein echtes Genusserlebnis bieten können.

Lok-Ofen-frischer Genuss

Neben der Gastronomie, dem Catering und dem Marktfahren bleibt Michael Hehle kaum Zeit, selbst an der Maroni-Lok zu stehen. Heute hat deshalb Martin den Kessel eingeheizt. Gerade lässt er die nächste Ladung Maroni in die tiefe Eisenpfanne kullern, verteilt sie rasch mit bloßen Händen und schließt den Deckel. Der Dampf, der sich jetzt in der Pfanne bildet, lässt die Maroni aufquellen. Das ist auch der Grund, warum Maroni eingeschnitten werden. Ansonsten würden sie platzen. Mehrmals bewegt Martin die Maroni in der Pfanne, damit sie nicht anbrennen. „Jetzt sind sie so weit”, sagt er wenige Minuten später, nimmt eine Tüte aus braunem Kraftpapier und füllt mit einer kleinen Schaufel Maroni hinein. „Die Schalen könnt ihr da sammeln”, sagt Martin und deutet auf das zweite Fach an der Tüte. So können die Schalen samt der Tüte einfach in den öffentlichen Abfalleimern entsorgt werden. „Wer einen Holzofen daheim hat, kann die Schalen auch zum Anheizen verwenden”, ergänzt Michael Hehle und fügt lächelnd hinzu: „Damit wärmt so eine Portion Maroni gleich doppelt.”