Spitzengezitter

Das Dunkel im Geschäft weicht langsam sanftem Tageslicht. Ich höre den Schlüssel im Schloss. Dann kleine, flinke Frauenschritte. Karin ist immer die Erste im Geschäft. Ich kenne jede ihrer Bewegungen. Das Licht geht an. Jeden Morgen kommt sie als erstes zu mir herüber. Ich hänge im 3. Gang, rechts hinten, neben dem Pöbel.

Wie konnte sie mich nur zu dieser gewöhnlichen Wäsche hängen? Ich bin französische Spitze! Allerfeinste Qualität, bestimmt für den schönsten Tag einer jeden Frau: die Hochzeit.

Während ich meinen Gedanken nachhänge, berühren mich die Hände von Karin. Sanft streift sie über meine hauchzarte Spitze. Dabei flüstert sie: „Es ist einfach so schade, dass du immer noch hier hängst. Du bist so wunderschön.“
Wäre ich eine Katze, dann würde ich jetzt schnurren. Aber ich bin keine Katze, sondern die schönste Unterwäsche die die Welt je gesehen hat. Handgefertigt aus französischer Spitze. Seit ungefähr fünf Jahren warte ich darauf, dass mich endlich eine Braut entdeckt. Tagein, tagaus hänge ich hier und muss mitansehen, wie meine unwürdigen Nachbarinnen gekauft werden. Plötzlich lässt mich Karin los. Ich baumle zurück und stoße an der Kleiderstange an. Autsch. Das schmerzt.

Eine Frau mit wunderschönen, langen Haaren betritt den Raum. Ihr Blick schweift umher. Ob sie mich wohl sieht? Ihre Schritte kommen näher. Meine Spitze fängt vor Aufregung an zu zittern. Jetzt ist sie ganz in der Nähe. Karin bietet ihre Hilfe an. Die beiden Frauen sprechen leise miteinander und plötzlich höre ich das Wort: Braut! Sie ist eine Braut! Das könnte mein großer Moment sein. Ich werde endlich meiner Bestimmung folgen und den Kleiderbügel gegen einen Körper tauschen.

Tatsächlich betrachtet mich die Frau mit den langen Haaren eingehend. Die Begeisterung über meine bezaubernde, hauchzarte Spitze steht ihr ins Gesicht geschrieben. Ein sehr schönes Gesicht übrigens, mit strahlend blauen Augen. Wir würden traumhaft zusammen passen. Just in dem Moment nimmt Karin mich ihr aus der Hand. „Es tut mir leid, aber diese Wäsche ist unverkäuflich.“ Ich traue meinen Rüschen nicht! Was sagt sie da? Ich weiß zwar, dass ich einen unbeschreiblichen Wert habe, aber unverkäuflich? Soll ich hier nur zur Dekoration hängen? Am liebsten würde ich vor Wut rot werden. Vor lauter Aufregung registriere ich nicht mehr, was mit der Frau mit den langen Haaren geschieht. Den restlichen Tag versinke ich in mein Selbstmitleid. Die hübschen, kleinen Steinchen auf meinen Trägern könnten meine Tränen sein.

Der Tag geht zu Ende. Ich höre es an der Stille, die sich über den ganzen Laden ausbreitet. Karins Schritte werden dann immer schnell und hektisch. Sie möchte Feierabend machen und nach Hause gehen. Dieser Abend jedoch unterscheidet sich von den anderen. Irgendetwas ist anders als sonst. Karin schließt den Laden nicht ab. Es kommt noch jemand herein? Ein Sektkorken knallt. Gläser klirren. Zwei Frauen begrüßen sich. Wen umarmt Karin da? Dann kommen die zwei auf mich zu. Ich höre Karin sagen: „Und das ist die schönste Hochzeitsunterwäsche, die wir haben. Ich habe sie für jemand ganz besonderen aufgehoben. Für meine allerbeste Freundin, die allerbeste Spitze.“ Ich werde vom Bügel genommen. Diesen Moment werde ich mein Leben lang nie vergessen.

Manchmal denke ich noch an die Zeit im Laden zurück. Wie es Karin wohl geht. Ob eine andere französische Spitze meinen Platz eingenommen hat? Die Hochzeit meiner Trägerin Helen liegt inzwischen Jahre zurück. Es war ein rauschendes Fest, das ich unter einem Brautkleid aus feinster Seide miterleben durfte. Ich kann mein Glück bis heute nicht fassen. Momentan liege ich in einer Kommode im Schlafzimmer. Helen kommt fast jeden Tag zur Kommode streift mich mit einem zärtlichen Blick. Und seit ein paar Jahren kommt auch ein kleines Mädchen zu mir. Es muss wohl die Tochter von Helen sein. Sie kommt immer heimlich, wenn Mama weg ist, öffnet die Kommode, und nimmt mich in ihre zierlichen Hände. „Eines Tages“, sagt sie dann immer, „wenn ich Prinzessin bin, werde ich dich tragen.“ Ich muss dann immer schmunzeln. Aber, wer weiß. Manchmal geschehen die ungewöhnlichsten Dinge im Leben einer Unterwäsche.

Senso
Wäsche für Sie und Ihn

Seit 2011 betreibt Inhaberin Karin Mangold ihr Geschäft „Senso - Wäsche für Sie und Ihn“ in der Ringstraße, seit März 2016 im Gebäude der Ringstraße 8. Ihr Angebot reicht von BH‘s und Shapewear über Dessous und Nachtwäsche bis hin zu Bademode, Herrenmode und Strümpfen. Darüber hinaus sind Karin und ihr Team Experten in Sachen Hochzeitsunterwäsche, beraten bestens zu großen Größen und können ihren Kunden und Kundinnen genau mitteilen, was beim Sport unten drunter am angenehmsten zum Tragen ist.

Karin Mangold koordiniert ein Team von sechs Personen, darunter auch eine Studentin, welche jeweils am Wochenende den Kunden mit Rat und Tat zur Seite steht.

Senso
Wäsche für Sie und Ihn
Ringstraße 8
T +43 5522 41703
senso-dessousunterwaesche.at


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Das Erlebnis Rankweil Gemeindemarketing